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Philara – Zeitgenössische Kunst in industriellem Ambiente

In einer ehemaligen Glasfabrik in der Birkenstraße 47 im Düsseldorfer Stadtteil Flingern befindet sich die Sammlung Philara, ein beeindruckender Ort für Gegenwartskunst. Auf über 1.700 Quadratmetern werden nicht nur Werke aus der Privatsammlung Gil Bronners präsentiert, sondern es wurde auch eine dynamische Plattform für temporäre Ausstellungen und vielfältige kulturelle Veranstaltungen geschaffen.

Verfasst von Tabea Ackermann.

Industrieller Charme und Architektur

Die Philara-Sammlung ist in einer ehemaligen Glasfabrik beheimatet, deren industrieller Charme im Zuge des Umbaus zum Ausstellungsraum erhalten blieb. Geht man durch die Räume finden sich zum Beispiel heute noch Notizen, die die Glaser damals im laufenden Betrieb an die Säulen gekritzelt haben. Auf dem Dach finden Besucher heute einen Skulpturengarten mit Blick auf die Zugtrasse, über die früher Material und Waren geliefert wurden.

Das ehemalige Gewerbeareal, erfuhr eine bemerkenswerte Transformation durch den Düsseldorfer Immobilienentwickler Gil Bronner. Seit Mitte der 90er Jahre sammelt er Kunst, von aufstrebenden Talenten der Düsseldorfer Kunstakademie bis hin zu heute international renommierten Künstler*innen wie Thomas Ruff und Andreas Gursky.

Die Hallen, die fast 2.000 Quadratmeter groß sind, bieten heute nicht nur Platz für die beeindruckende Dauerausstellung, sondern auch für temporäre Installationen und Veranstaltungen.

© sammlung philara. Photo by Paul Schöpfer

Die Sammlung Philara umfasst eine große Bandbreite von Skulpturen, Installationen, Gemälden und Fotografien. Die Skulpturenterasse ist bestückt mit verschiedenen Werken, unter anderem von Martin Kiesewetter und Andreas Schmitten. Besonders herausragende Skulpturen sind Olaf Metzels „Kafka usw.“ oder eine der sechs Ausführungen von Kris Martins „Altar“.

Die 5- bis 9-Meter hohen Ausstellungshallen geben der permanenten Sammlungspräsentation Raum. In den kleineren Nebenräumen finden sich einzelne Installationen. Die Installation „Artichoke Underground“ von Jonah Freeman und Justin Lowe, umfasst 13 Räume, die über mehrere Ebenen miteinander verbunden sind. Die Installation erkundet diverse, fiktive Einrichtungen, wie eine Punjabi Küche, einen begehbaren Kühlraum oder einen Inkubator zur Erforschung eines pflanzlichen Bewusstseins. „Artichoke Underground“ lädt ein, die labyrinthartigen Strukturen zu erforschen und von mehreren Perspektiven zu betrachten. Die verschiedenen Räume basieren auf unterschiedlichen Kulturen und Geschichten und setzen sich mit der Beziehung von Identität und Kultur auseinander.

Neben den Kunstwerken bietet die Philara-Sammlung auch regelmäßig Künstler*innengespräche, Perfomances, Diskussionsgruppen, sowie besondere Führungen für Familien oder aus weiterhin aktuellem Anlass z.B. für ukrainische Muttersprachler*innen an. Das breite Angebot macht die Sammlung zu einem Ort des Austauschs und stärkt die Verbindungen der Besucher*innen zu den Künstler*innen und der Kunst.

© sammlung philara. Jonah Freeman & Justin Lowe, Artichoke Underground On Display, 2016. Photo by Achim Kukulies

Aktuelle Sonderausstellung “In Abwesenheit”

Am 3. März 2024 eröffnet in der Philara die temporäre Ausstellung „In Abwesenheit“, in der analoge sowie digitale Fotografie aus dem gesamten letzten Jahrhundert gezeigt werden. Die Fotografien erforschen Themen wie Abwesenheit und Leere, bis hin zu Zugehörigkeit, Nostalgie und Fiktion.

In Èmilie Pitoisets Installation „Giselle“ wird durch den Titel ein Bezug auf das gleichnamige Ballett gezogen, wodurch der ursprüngliche Kontext der Fotografien und die Identitäten der dargestellten Personen hinterfragt werden. Hauptfigur des klassischen Balletts ist eine junge Frau, die an ihrem Wahnsinn stirbt und als Geist zurückkehrt. Pitoiset inszeniert in ihrer Arbeit anonyme Personen aus diversen Fotografien der 1920er bis 1950er Jahren. Durch den Verweis auf das tragische Ballett lenkt Pitoiset die Aufmerksamkeit der Betrachter zum einen auf die Anwesenheit (oder Wiederkehr) der Menschen aus den Fotografien, zum anderen auf die Körperlichkeit der gezeigten Menschen, die in vielfältigen Posen und Körperhaltungen zu sehen sind, zum Beispiel im Garten turnend oder in einen See springend.  Thema der Bilder sind immer wieder Kipppunkte in der Bewegung. Eine Pose, die in der Fotografie festgehalten wird, in der Bewegung selbst immer ein dynamisches Momentum bleibt und den Übergang von einem zum anderen darstellt, so wie Giselle und die Wilis (weibliche Naturgeister) im Ballett einen Zustand verkörpern, der sich zwischen Leben und Tod in der Welt der Geister ansiedelt. Pitoisets Umgang mit den Bildern reflektiert deren Funktion als Erinnerungsbilder und lädt ein, Wahrnehmung, Identität und die Geschichtsschreibung des Mediums kritisch zu betrachten.

© sammlung philara. Èmilie Pitoiset, Giselle, 2012.

Auch in Ugo Rondinones Arbeit rückt den Themenkomplex von Körperlichkeit und Grenzen in den Fokus. Der Künstler zeigt sich selbst in „I don‘t live here anymore“ als zeitlosen und androgynen Cyborg. Die diversen Bearbeitungen von Fotografien, wie beispielsweise das Einsetzen Rondinones Gesicht auf weibliche Körper, spielen mit der Realität und hinterfragen Konzepte wie Gender und Selbstwahrnehmung. Sowohl die Posen als auch die Schwarz-Weiß Aufnahmen erinnern an Modefotografien der 1960er Jahre. So erwecken die Fotografien Rondinones trotz der futuristischen Motive und Requisiten ein Gefühl der Sehnsucht. Der Titel der Werke setzt die Abwesenheit des Künstlers voraus, obwohl er präsent in den Fotografien dargestellt ist – insbesondere durch seinen direkten Blick auf den Betrachtenden. Auch hier wird mit der Definition der Fotografie gespielt. Wie weit kann das Medium der Fotografie manipuliert werden, um keine Spiegelung der Realität mehr zu sein?  Die Grenzen zwischen binären Geschlechterrollen, Nostalgie und Zukunftsvision, sowie dem formbaren und statischen der Fotografie werden durch diese Suche nach dem Selbst herausgefordert.

Mit der Spiegelinstallation „Untitled Circle“ spielt Germaine Kruip mit der Verbindung zwischen Reflexion und Fotografie, ohne letzteres als Medium zu nutzen. Die Lichtreflexionen und dadurch entstehenden Schatten erinnern dennoch an fotografische Apparate und spielen mit der Wahrnehmung von Fotografie.

© sammlung philara. Germaine Kruip, Untitled Circle, 2013.

Weitere ausstellende Künstler*innen sind unter anderem Thomas, Ruff, Tamibé Bourdanné, Olafur Eliasson, Dominique Gonzalez-Foerster, Jan Paul Evers, Jef Geys, Thomas Grünfeld und Martin Parr.

 

Die Sonderausstellung „In Abwesenheit“ ist ab dem 3. März 2024 bis zum 8. September 2024 in der Philara-Sammlung zu sehen. Die Sammlung ist freitags von 16 – 20 Uhr und samstags sowie sonntags von 14 – 18 Uhr geöffnet. Des Weiteren werden jeden Samstag und Sonntag um 15 Uhr Führungen angeboten. Weitere Informationen finden Sie hier.

 

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